Abschied

Im Frühling 2024 bekamen wir eine niederschmetternde Diagnose: Krebs! Schon weit gestreut.  Behandlungsmöglichkeiten: null. Da es aber nur ein Zufallsbefund (bei einer routinemäßigen Untersuchung) war und es Slimmy noch ganz normal ging, hatte ich doch große Hoffnung, dass sie zumindest den Sommer noch „schaffen“ würde. Doch dann ist doch alles viel schneller gegangen als erhofft. Am 27. März musste ich sie gehen lassen.

Der richtige Zeitpunkt?

Slimmy war ja schon lange krank. Acht Jahre hat sie trotz chronischer Pankreatitis, IBD, zig Unverträglichkeiten, Arthrose etc. durchgehalten und trotz allem ein normales Katzendurchschnittsalter erreicht (ca. 16 Jahre ist sie alt geworden, allein das war eh schon ein mittleres Wunder bei ihrer Krankengeschichte). In diesen Jahren ist sie dem Tod mehrfach nur knapp von der Schippe gesprungen und ich habe ihr schon vor Langem versprochen, dass ich sie, wenn es tatsächlich einmal so weit sein würde, schnell gehen und nicht unnötig leiden lassen würde.

Trotzdem war die Entscheidung, dass es jetzt tatsächlich soweit ist, nicht leicht.  In den letzten Wochen ihres Lebens hat Slimmy deutlich und erschreckend schnell abgebaut. Obwohl sie weiterhin normal gefressen hat, hat sie fast 400 Gramm abgenommen, zum Schluss konnte man jeden Wirbel deutlich spüren und die Flanken waren komplett eingefallen. Auch das Fell ist schuppig und spröder geworden. Spielen hat sich nur mehr auf ihre Stinkekissen und „Leckerliejagen“ beschränkt, wobei aus dem „hinterherjagen“ hinterhergehen und suchen geworden ist. Trotzdem hatte sie eindeutig noch Lebenswillen und Kampfesgeist, war weiterhin überall mit dabei und hat in gewohnter Weise alles von meinen Einkäufen bis hin zu den Nachbarn kontrolliert.

Am Tag vor ihrem Tod hatte sie dann aber plötzlich einen deutlichen Einbruch. Ab Nachmittag wollte sie nicht mehr fressen, nur noch Leckerlie sind gegangen. Sie hat dann auch zunehmend deutlich Unwohlsein und Schmerzen gezeigt. Wir hatte aber ohnehin schon für den nächsten Tag einen Tierarzttermin und ich hatte noch Hoffnung, dass ihr noch einmal geholfen werden kann. Über Nacht ist ihr Zustand aber schlechter geworden, sie hatte Durchfall und ist zum ersten Mal nicht mehr zu mir ins Bett gekommen. Stattdessen habe ich mich zu ihr auf den Boden gelegt und sie gestreichelt. Dabei ist das Gedankenkarussell im Kreis gelaufen: Ist das die letzte Nacht, oder haben wir noch etwas Zeit? Der Verstand wusste schon, das war es jetzt, das Herz wollte es aber noch nicht wahrhaben.

Am nächsten Vormittag konnte sie dann nicht einmal mehr Leckerlie fressen, obwohl sie es versucht hat. Aber sie sind ihr einfach aus dem Mäulchen gefallen. Dieser Moment, dieser Blick, als sie nach mehreren vergeblichen Versuchen frustriert aufgegeben und stattdessen hinaus auf die Terrasse gegangen ist und sich in die Sonne gelegt hat… Da wusste ich es. Der Tag ist gekommen.  Der Tag, mein Versprechen einzulösen und nicht egoistisch festzuhalten, nur weil ich noch nicht soweit war.  (Wenn es danach gegangen wäre, hätte sie sowieso nie gehen dürfen, denn auch heute, einen Monat später, bin ich noch nicht so weit…)

Und obwohl ich mir schon absolut sicher war, dass der Zeitpunkt gekommen ist, bin ich auch danach noch ein paar Mal ins Schwanken geraten: Als wir auf meine Eltern gewartet haben, die uns zur Praxis gefahren haben, und Slimmy in der Box gestanden und interessiert kontrolliert hat, was da draußen so alles vor sich geht. Als sie wie immer „genervt“ gemaunzt hat, als wir um die letzte Ecke vor der Praxis gebogen sind…

Gemeinsam bis zum Schluss

Ganz zum Schluss ist es dann ganz schnell gegangen – die letzte, „entscheidende“ Spritze war noch gar nicht ganz drinnen, da war Slimmy schon tot. Das hat mir noch einmal bestätigt, dass meine Entscheidung richtig gewesen ist. Der kleine Körper war einfach am Ende. Alles andere wäre nur noch unnötige Quälerei gewesen.

So sehr ich auch froh war und bin, dass es so schnell gegangen ist und sie nicht leiden musste, war ich trotzdem irgendwie überrumpelt. Ich hatte mich schon länger damit auseinandergesetzt, versucht mich mental darauf einzustellen, mich vorab informiert, wie die Euthanasie abläuft und auch die Tierärztin hat mir den Ablauf vorher noch einmal erklärt… Und trotzdem. In einer Sekunde ist Slimmy noch auf meinem Arm gelegen und plötzlich war „sie“ weg und nur noch ihr toter Körper da.

Für mich wäre übrigens nicht eine Sekunde zur Diskussion gestanden, ob ich bei der Euthanasie dabei sein will oder nicht. Das hatte für mich nichts mit „wollen“ zu tun, es war einfach klar, dass ich Slimmy in ihren letzten Minuten niemals alleine lassen hätte können. Wir haben so lange gemeinsam gekämpft, so viel gemeinsam geschafft, so viel schöne gemeinsame Zeit gehabt, niemals hätte ich sie am Schluss im Stich lassen können. Ich weiß, es gibt viele Menschen, die „das nicht können“, die „das nicht ertragen“, aber ich könnte niemals mit dem Gedanken leben, dass sie am Ende alleine war und Angst gehabt hat.

Einäscherung

Ebenso ist für mich nie zur Diskussion gestanden, was mit Slimmys Leiche geschehen soll. Einfach „entsorgen (lassen)“ war natürlich überhaupt keine Option und auch begraben ist für mich nicht in Frage gekommen. Unsere Blacky wurde damals im Garten begraben, Jahre später wurde das Grundstück verkauft, aus dem Garten wurden Parkplätze… Und heute parkt irgend so ein A*** sein Auto auf Blackys Grab. Natürlich, die betreffende Person weiß das natürlich gar nicht (wobei es ihm/ihr vermutlich auch sonst egal wäre). Trotzdem kommt mir bei diesem Anblick bzw. beim Gedanken daran noch heute alles hoch. Außerdem habe ich schon vor langer Zeit entschieden, dass ich selbst auch eingeäschert werden will, weil es mir vor Maden und Co. einfach unendlich graust und mir der Gedanke, ausgerechnet von diesen Tieren aufgefressen zu werden, unerträglich ist. 

Also war klar, dass auch Slimmy eingeäschert wird. Die Abwicklung beim Tierkrematorium war wirklich sehr nett und einfühlsam. Im Nachhinein bin ich auch doppelt froh, dass ich mir die Asche nicht habe schicken lassen, sondern sie persönlich abgeholt habe. Ursprünglich war das eigentlich nur eine praktische Überlegung, weil die Post bei uns nicht gerade zuverlässig ist. Und DEM Packerl wollte ich sicher nicht hinterherlaufen müssen. Die Abholung war dann aber wirklich schön. Ich habe ja ehrlich gesagt damit gerechnet, dass ich einfach die Asche und den Pfötchenabdruck „in die Hand gedrückt“ bekomme. Stattdessen war alles in einem separatem Raum hergerichtet, wo ich mich nochmal hinsetzen und Abschied nehmen konnte.

Tja, und jetzt, rund einen Monat später, liegt Slimmys Asche hier zuhause in ihrer Kuschelhöhle und wartet darauf, dass ich bereit dazu bin, sie zu verstreuen. Noch bin ich es nicht, aber die Zeit wird kommen…

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